Gedenkveranstaltung und Diskussion zu 90 Jahre Bücherverbrennung. Mit Max Czollek, Kholoud Charaf und Asal Dardan. Moderation: Julia Ingold.
Ein mit über 100 Zuschauer*innen voll besetztes Stadtteilzentrum Desi in Nürnberg gedachte am 9. Mai 2023 der Bücherverbrennung in Nürnberg vor 90 Jahren. Damals verbrannten die Nazis auch auf dem Nürnberger Hauptmarkt, damals Adolf Hitler Platz, die Bücher zahlreicher Kolleg:innen, da sie in ihren Augen einen „undeutschen Geist“ verbreiteten. Hier und an anderen Orten verbrannten die Nazis Bücher des Fürther Anarchisten Fritz Oerter, der Antimilitaristin Bertha von Suttner und der Kommunistin und Jüdin Anna Seghers.
Der Vorsitzende des Schriftsteller:innen-Verbandes Mittelfranken, Leonhard F. Seidl begrüßte die Anwesenden und betonte, dass es ihm ein besonderes Anliegen sei, daran zu erinnern und es im Heute zu bedenken. Er ging auf die Bücher des Schriftstellers und libertären Sozialisten Oskar Maria Graf ein, die zu dessen Entsetzen auf die „Weiße Liste“ gesetzt und von den Nazis empfohlen wurden, worauf er forderte „Verbrennt mich! Ich bin also dazu berufen, einer der Exponenten des ‚neuen‘ deutschen Geistes zu sein! Vergebens frage ich mich, womit ich diese Schmach verdient habe? Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach!“
Wie auch auf die Morddrohungen gegen die Person Kim de l'Horizon, die für den autobiografischen Roman „Blutbuch“ mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Damit schlug er einen Boden zu einem damaligen „Feuerspruch“, gegen den Kollegen Alfred Kerr gerichtet lautete „Gegen dünkelhafte Verhunzung der deutschen Sprache für Pflege des kostbarsten Gutes unseres Volkes!“ Seidl konstatierte, „selbst wenn das Heute nicht mit dem Damals gleichzusetzen ist, schießen diese Worte auch heute noch aus Facebook-Hassspalten und Twitter-Flaksalven.“
„Wehrhafte Poesie, oder: Schreibe so, dass die Nazis dich verbieten würden“, heißt ein Kapitel in Max Czollek erschienenem Essayband Gegenwartsbewältigung (Hanser) von 2020, dessen viel beachteter Nachfolger Versöhnungstheater (Hanser) kürzlich erschienen ist. Als Enkel des kommunistischen Widerstandskämpfers und Verlegers Walter Czollek setzt er sich intensiv mit wehrhafter Poesie, Politik und Literatur auseinander. In seinem Impulsreferat schloss Max Czollek unmittelbar an Seidls Begrüßung an, in dem er fragte, warum bestimmte Bücher eben nicht verbrannt wurden und wessen Geistes sie gewesen seien. Czollek ist es auch, der im deutschsprachigen Diskurs den Begriff der „wehrhaften Poesie“ bekannt macht. Seine Thesen sind im vor der Veranstaltung geführten Interview mit Deutschlandradio zu hören.
Im Weiteren wurde über ein Schreiben diskutiert, das mit Risiken verbunden ist, ein Schreiben und Publizieren, das Leib und Leben in Gefahr bringen kann. Kholoud Charaf, syrische Dichterin, Kunstkritikerin, Publizistin und Aktivistin, die immer wieder von Zensur bedroht war, berichtete aus ihrem Leben in Syrien. Derzeit ist sie im Writers-in-Exile-Programm des PEN-Zentrums Deutschland. Sie setzte sich insbesondere für bessere Lebensbedingungen für Frauen und Kinder im vom Bürgerkrieg zerrütteten Syrien ein. Kholoud Charaf berichtete von der enormen Repression in Syrien und, dass Bücher gar nicht erscheinen würden, dass die Zensur bereits im Kopf und vor der Publikation einsetzen würde. Sie und Czollek diskutierten darüber, ob das N-Wort aus Kinderbüchern entfernt werden sollte. Gemeinsam mit Asal Dardan kamen sie zu dem Schluss, Kindern müssen keine rassifizierenden Worte in Büchern übermittelt werden.
Asal Dardans Essayband Betrachtungen einer Barbarin (Hoffmann & Campe) war 2021 für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert. Darin seziert sie mit deutlichen Worten den rechtsextremen Terror des NSU. Asal Dardan legte dar, warum ihre Essays politisch sind und warum sie, wenn sie sich entscheiden müsste, zwischen Lesen und Schreiben, das Lesen wählen würde.
Die Moderatorin Julia Ingold von der Universität Bamberg.stellte den Autor*innen Fragen nach der Wehrhaftigkeit (engagierter) Literatur und wie es darum in Deutschland und anderen Ländern bestellt ist.
Eine Veranstaltung des Schriftsteller:innen Verbandes in ver.di, Regionalgruppe Mittelfranken und ver.di Mitttelfranken. In Kooperation mit dem PEN-Zentrum Deutschland. Gefördert durch das Kulturwerk deutscher Schriftsteller e. V. und Bayern liest e. V.
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