Berlin, 23.08.2023
Der Verband deutscher Schriftsteller*innen (VS in ver.di) mahnt an, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) seinem Bildungsauftrag nicht mehr gerecht werden kann.
In einer Zeit, in der der politische und kulturelle Konsens innerhalb der Gesellschaft auf dem Spiel steht, etwa infolge der hohen Inflation, der Spaltung in politische Lager oder der Flüchtlingsdebatte, plant die ARD offenbar einschneidende Eingriffe in die Arbeit und Präsenz ihrer Sender. Geplant sind sogenannte Kompetenzzentren zu Inhalten und Formaten, für die nur einzelne Sender verantwortlich sind.
Kultur- und Literaturformate sollen wegfallen
Dies beträfe in erheblichem Maße auch Buchbesprechungen, Rezensionen und Hörspielredaktionen. Zur Folge hätte dies eine Einschränkung der kulturellen Vielfalt und regionaler Ausprägungen der Sendungen. Renommierte und erfolgreiche Kulturformate werden abgesetzt oder auf späte Termine mit geringen Einschaltquoten verschoben. Dies zeigt ein eklatantes Unverständnis, welche Rolle Kultur als geistige und diskursive Ressource für eine Gesellschaft spielt. Gerade sie leistet einen Beitrag zu gesellschaftspolitischen Debatten, der in politisch angespannten Zeiten essenziell ist. Daher darf der Kulturbereich nicht Sparmaßnahmen zum Opfer fallen. Die Politik muss den öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanziell ausreichend ausstatten, damit diese ihrem Bildungsauftrag nachkommen kann.
Informationslage über geplante Einsparungen ist diffus
Im Kulturangebot von HR, WDR und RBB kam es in den vergangen Jahren bereits zu konkreten Einsparungen. Die aktuell diskutierte Reform bedeutet für den Bayerischen Rundfunk die Streichung von höchst erfolgreichen Formaten des Senders BR2. „Kulturwelt“ und Kulturjournal“ sollen ab Frühjahr 2024 verschwinden, ebenso die Sendungen „Nachtstudio“, „Kinokultur“ und „radioTexte“. Für die Literatur heißt der Wegfall des Büchermagazins „Diwan“, dass kein eigenständiges Forum mehr für Literatur existiert. Auch das Hörspiel in unabhängiger Eigenproduktion würde der Reform zum Opfer fallen. Die Einsparungen sollen der Förderung der Digitalisierung zu Gute kommen, wobei unklar ist, was dies genau beinhaltet. Die endgültigen Entscheidungen sollen im Herbst getroffen werden, doch die Informationslage ist diffus.
Nicht nur für Leser und Hörerinnen bedeutet dies eine kulturelle Verflachung, auch Buchhändlerinnen und Verleger verlieren dabei Möglichkeiten, ihre Bücher auf mehreren Plattformen zu präsentieren. Dies betrifft ebenso Autoren und Autorinnen, deren Aufträge und öffentliche Präsenz dadurch massiv eingeschränkt werden oder ganz wegfallen.
Kultur wird zum Nischenprodukt
Werden diese Einschnitte in die kulturellen Programme realisiert, wird der Bildungsauftrag der Sender, wie er im Medienstaatsvertrag (§ 11) ad absurdum geführt. Die Kultur wird zum Nischenprodukt. Die Informations- und Meinungsvielfalt wird eingeschränkt auch zulasten der traditionellen regionalen Vielfalt.
Und die Unabhängigkeit der Landesanstalten, die Grundlage der Zusammenarbeit der ARD-Sender ist, wird massiv gefährdet.
Durch die beabsichtigten Streichungen im Programm und die Konzentrierung auf die sogenannten Kompetenzzentren werden zudem Arbeitsplätze verloren gehen. Die Unsicherheit ist besorgniserregend für feste und freie Mitarbeiter und gefährdet ihre wirtschaftliche Existenz.
Der Kahlschlag muss verhindert werden
Der Verband Deutscher Schriftsteller*innen (VS in Ver.di) protestiert voller Besorgnis gegen diese geplanten massiven Kürzungen, die Zentralisierung kultureller Inhalte und Streichung von Arbeitsplätzen. Wir fordern die Politik und die Verantwortlichen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf, diesen Kahlschlag zu verhindern und zudem durch mehr Transparenz eine öffentliche Debatte zuzulassen. Denn klar ist, ohne Vielfalt und kulturelle Teilhabe verarmt unsere Gesellschaft.
Ansprechpartnerin/Verantwortlich im Sinne des Presserechts:
Lisa Mangold • +49 30 6956-2327
Hinweis: Der Beitrag wurde am 24.8.23 geringfügig redaktionell bearbeitet.
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