Ein Kommentar von Heinz Wraneschitz, bildtext.de (München, Februar 2024)
„Bayern stärkt schulische Integration und Sprachförderung“: Dafür will Bayerns Schulministerin Anna Stolz (Freie Wähler/FW) unter anderem eine Deutschstunde mehr in den Klassen 1 bis 4 erschaffen.
Diese schön klingende Überschrift steht im Kabinettsbericht der Bayerischen Staatsregierung vom 27. Februar 2024. Doch sie klingt eben nur schön, diese Überschrift. Denn gleichzeitig will Bayerns Kultusverwaltung den Kindern offensichtlich die Kreativität austreiben.
Wie sonst ist die Ankündigung der Schulministerin zu verstehen: „Dafür wurden die musisch-kreativen Fächer (Musik, Kunst sowie Werken und Gestalten) in einem Fächerverbund zusammengefasst“? Musik, Kunst, Werken und Gestalten: Fächer also, die die Kreativität der Kinder fördern; die ihnen helfen, eine denkende Persönlichkeit zu werden, fernab des Lernens von Fakten, Formeln, Zahlen. Die drei Religionsstunden pro Woche werden übrigens nicht angetastet, bei denen es ebenfalls zuerst um Noten, oft um auswendig Gelerntes geht.
Aber Kunst kann offensichtlich weg: Sollen die kleinsten Schüler*innen auf Leistung optimiert, zu Denk- und Reproduktionsmaschinen geformt werden? Passend dazu will Stolz nämlich auch dem Rechnen mehr Zeit einräumen. Der Grund: Bei den Pisa-Tests haben sich Bayerns Schüler*innen zuletzt nicht mit Ruhm bekleckert, das will die Regierung durch mehr Mathe ändern. Malen, Musik, Werken – die Stunden dafür werden dagegen zusammengestrichen. Kreativität ist also Bayerns Regierenden von CSU und FW künftig noch weniger wert als bisher.
Der Wert von Kunst: Professionelle Künstler*innen kennen das. Sie werden oft gefragt, welchen Beruf sie haben. Denn Kunst wird von vielen als Umsonst-Produkt gesehen, sie darf nichts kosten. Fotos oder gestaltete Produkte werden vielfach kopiert, Urheberrechte ignoriert.
Auch wenn sich Eltern- oder Schüler*innen-Verbände noch so sehr dagegen auflehnen: Was die Regierung will, hat sie bislang auch fast immer erreicht. Was also, wenn es wirklich so kommt mit der gestrichenen Kreativität? Darunter wird das massiv leiden, worauf in öffentlichen Bekenntnissen nicht nur im Freistaat Bayern immer wieder so stolz hingewiesen wird: dass wir eine Kulturnation sind. Denn wenn den Jüngsten die Möglichkeit fehlt, ihre Kreativität schon in der Schule kennenzulernen und sich zu versuchen: Wieso sollten sie dann später Musiker*innen, Schauspieler*innen, Maler*innen, Schriftsteller*innen werden wollen?
Stattdessen wird ihnen künftig noch mehr als bisher in Bayerns ersten Klassen eingetrichtert: Nur die Einser in Rechnen, Deutsch, Heimat- und Sachkunde sind wichtig für ihre spätere Schulkarriere – und damit für ihr Berufsleben. Dass die Kreativitätsfächer ratzfatz gestrichen werden können, führt ihnen den offenbar nicht vorhandenen Wert der Kunst ganz klar vor Augen.
Dabei könnten genau hier, in den Fächern Musik, Kunst, Werken, sogar die ministeriell bekannten, mangelnden Sprachfertigkeiten verbessert werden. Und zwar nicht nur bei Flüchtlings-, sondern auch bei hier geborenen Kindern. Dazu aber wäre ein Umdenken in der Lehrplangestaltung notwendig. Und da ist die Schulbürokratie eben viel hartleibiger als beim Streichen der Kreativitätsstunden.
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