
Die Datenlage ist komplex, weil es unterschiedlichste Datenquellen gibt – für einzelne Branchen, einzelne Berufe, von öffentlicher Statistik auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene bis hin zu Umfragen von hochspezialisierten Berufsverbänden. Auch ver.di erhebt immer wieder Daten zur sozialen Lage von Kulturschaffenden, zuletzt in einer großen Befragung 2021.
In all diesen Daten werden unterschiedliche Definitionen von Kultur benannt. Manche konzentrieren sich auf Arbeitnehmer*innen im Kulturbereich (BfA), andere auf (eine Gruppe von) Selbstständigen (z. B. Umsatzsteuer). Die Fragestellungen der einzelnen Verbandsumfragen sind so unterschiedlich, dass sie nicht kombiniert werden können. Öffentliche Datenerhebungen (Mikrozensus, BfA Statistik etc.) erfassen selbstständige und hybride Erwerbsformen nur unzureichend oder mit so geringen Fallzahlen, dass eine branchen-, berufs- oder geschlechterspezifische Betrachtung nicht möglich ist.
Die Datenlage ist unvollständig, weil es keine Möglichkeit gibt, die Erhebungen miteinander zu kombinieren. Um die soziale Lage von Kulturschaffenden wirklich zu erfassen, muss es möglich werden, unterschiedliche Erwerbsformen zu erfassen (abhängig, selbstständig, hybrid) und parallele Erwerbsformen abzubilden. Außerdem brauchen wir Daten, die nicht an einem Stichtag erhoben werden, sondern einen gewissen Zeitraum umfassen, um Schwankungen abzudecken, wie sie z. B. die Einkommen von Urhber*innen naturgemäß aufweisen.
Eine Tabelle, die einige Definitionen von kreativen Erwerbstätigkeiten anhand von üblichen Modellen miteinander vergleicht, findet sich im Kapitel von Lisa Basten et al (2020) in der Publikation des Deutschen Kulturrats zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Kulturschaffenden.
Aus all diesen Gründen versuchen wir einerseits, den Überblick über vorhandene Datenquellen zu behalten und zur Verfügung zu stellen. Andererseits fordern wir eine dauerhafte statistische Berichterstattung zur sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern. Dafür müssen Primärdaten erhoben werden, die auch die vielfältige Arbeitsrealität von Kulturschaffenden einbeziehen. Also etwa selbstständige und hybride Arbeitsmodelle, projektbasierte Erwerbsarbeit sowie unterbrochene Erwerbsbiographien und breite Einkommensspannen.
Die von uns vorgeschlagene Sondererhebung im sozio-ökonomischen Panel (SOEP) würde diese Anforderungen erfüllen und darüber hinaus valide, national und international vergleichbare Daten liefern.